Freemen on the land – die Reichsbürgervorlagen?
|Während in den letzten Jahren immer mal wieder so genannte „Reichsbürger“ in Deutschland von sich reden machen, die im wesentlichen daran glauben, dass Deutschland immer noch besetzt oder nur eine Firma oder am besten beides gleichzeitig ist, aber ja kein richtiger Staat sei, stellt sich doch die Frage: Können so beschränkte Leute da von alleine drauf gekommen sein?
Man weiß es freilich nicht, aber bei dem was Reichsbürger juristisch alles nicht vestehen, hätten sie aus dem Grundgesetz sicher auch herleiten können, dass sie unantastbar würden, wenn sie ihre menschliche Existenz nachweisen. Wegen Paragraph 1 und so. Stattdessen geht es vielmehr in die querulatorische Richtung, dass diese oder jene Gesetze für sie nicht gelten. Was zweifelsohne praktisch ist, wenn man – wie Reichsbürger – ohnehin ständig Ärger mit Gerichten hat.
Während die erste „kommissarische Reichsregierung“ sich 1987 gegründet hat, gibt es in den USA eine Art „Bewegung“, die sich schon ein Jahrzehnt früher zu Wort gemeldet hat. Ausgerechnet die USA, die uns immer noch besetzen, also sowas!
Im Ernst: Ob es Reichsbürger gab, die vor ihrem kompletten Logikverlust in die USA geschaut haben, ist Spekulation, aber die bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren aufkommenden „Freemen on the land“ nähren diese Spekulation, da es wie eine perfekte Vorlage für Reichsbürger aussieht, die diese dann nur noch um die Besatzungsmythen erweitert haben.
Ähnlich wie die Reichsbürger sind die Freemen wohl keine homogene Gruppe, sondern eben ein typischer Haufen Verschwörungstheoretiker, deren Grundsatz vor allem der ist, dass das Statute Law in den USA nur Vertragscharakter hat.
Kleiner Einschub zum Thema: Das Statute Law ist quasi das vom Parlament durch Gesetze untermauerte Recht. Demgegenüber steht im angloamerikanischen Raum das Common Law, das gewohnheitsrechtliche Regeln und zudem die als Case Law bezeichnende Gesamtheit bindender Richtersprüche zu bestimmten Themen vereint. Im Falle, dass sich Statute Law und Common Law widersprechen, gilt die Regel, dass das Statute Law gilt. Und genau da liegt der große Knackpunkt bei der Freemen-Geschichte.
Die Freemen on the land halten Statute Law für einen Vertrag, dem jedes einzelne Individuum zustimmen muss, ansonsten sei es ungültig und das Common Law komme zur Anwendung. Und wo sie schon dabei sind, legen sie dann natürlich gleich noch ihr eigenes Common Law fest, dass so ungefähr gar nix verbietet.
Darüber hinaus beschäftigt sie ebenso wie deutsche Reichsbürger eine geradezu groteske Lust an Wortklaubereien, die natürlich allesamt haltlos sind. Ein wichtiger Punkt ihres Glaubens ist beispielsweise die Trennung zwischen ihrer tatsächlichen und körperlichen Anwesenheit und ihrer juristischen Person, die durch die Geburtsurkunde begründet wird. Zwar könne der Staat z.B. Menschen anschreiben, wenn er was von ihnen wolle und hätte auch Verfügungsgewalt über sie, wenn sie sich mit ihrer juristischen Person identifizieren, also zum Beispiel bestätigen, dass sie „John Smith“ sind. Wie die meisten John Smith’s es ja dummerweise tun. Der Ausweg laut der Freemen ist, und das ist kein Witz, dass sie sich dann eben (in dem Fall) „John of the family Smith“ nennen, damit sie selbst nicht dem Recht unterliegen, dem ihre juristische Person unterliegt.
Freemen glauben also, dass der Staat um Erlaubnis fragen muss, wenn er in irgendeiner Form mit dem Bürger in Kontakt tritt – und natürlich ebenso essentiell, dass man diese Erlaubnis nicht geben muss. Viele behördliche Unterlagen senden sie mit dem Vermerk „Es existiert kein Vertrag – zurück an den Absender!“ zurück. Reichsbürger hingegen veranstalten damit gerne Kasperletheater.
Während die Reichsbürger in Deutschland dann aus verschiedensten und ebenso absurden Gründen stets auf die Weimarer Verfassung oder die Haager Landkriegsordnung berufen, haben die Freemen of the land in den USA als eigenes Steckenpferdchen das Seerecht, dessen Gültigkeit sie durch – den Reichis in nichts nachstehenden – Wortspielereien zu begründen versuchen. Da wird auf das „ship“ (dt. Schiff) in citizenship und ownership (dt. Eigentümerschaft, Bürgerschaft) verwiesen und sich nicht einmal entblödet, mit Worten wie „birth certificate“ (dt. Geburtsurkunde) und dem Wort „berth“ (dt. andocken) zu spielen. Das Leben spielt sich in Gänze auf See ab, ein Narr, wer das nicht erkennt!
Analog zu den Reichsbürgern ist auch bei den Freemen der Glaube vertreten, dass Staaten nur Firmen sind und als kleines Schmankerl noch dazu, dass einige (insbesondere der eigene) längst pleite ist, weswegen sie diese Verschwörung inszenieren, um mit den juristischen Personen wenigstens noch etwas Kapital zu haben. Oder so.
Es ist wohl eigentlich unnötig, aber es sei dennoch angemerkt, dass ebenso wie im Falle deutscher Reichsbürger noch niemals ein Gericht jenseits des großen Teiches eine der Theorien der Freemen of the land bestätigt hat. Nichtsdestotrotz werden natürlich auch von den Freemen Siege verkündet, etwa wenn sie irgendwo einen Eingangsstempel kriegen, obwohl sie mit „John of the family Smith“ unterschrieben haben. Der Wert solcher Errungenschaften sollte sich auch Laien erschließen …
Bleibt als Fazit am Ende wohl nur, dass die deutschen „Reichsbürger“ nicht einmal in Sachen Kreativität und verblendeter Idiotie Vorreiter sind. Fast ein bisschen traurig.
Quellen:
http://www.krr-faq.net/index.php
http://rationalwiki.org/wiki/Freemen_on_the_land