Warum wir Horoskopen glauben

Für Astrologen das Sternbild Pegasus, für vernünftige Menschen ein Säbelzahnhamster Quelle: Akapochtli [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Für Astrologen das Sternbild Pegasus, für vernünftige Menschen ein Säbelzahnhamster
Quelle: Akapochtli [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Für alle, die es kurz haben wollen: Es geht heute um den Barnum-Effekt.

Wir alle haben uns schon einmal gefragt, wie verdammt nochmal unser Wochenhoroskop dieses Mal so unglaublich passend ausgefallen ist. Vielleicht nur selten in den letzten 5 Jahren, aber zumindest heute und dieses eine Mal 1995, als wir unsterblich verliebt waren in diesen unglaublich attraktiven Menschen aus der 11b, der einfach perfekt war. Und in der Bravo stand in jener Augustwoche beim eigenen Horoskop, dass man einen Traum hat, von dem andere nichts wissen. Und ja, was hatten wir den Traum … ähm, nun ja – aber dem besten Freund konnte man das so nie verraten, weil besagter Mensch immerhin den Makel hatte, HSV-Fan zu sein.

Hatte das Horoskop also recht? Natürlich nicht. Astrologie ist Bullshit. Aber wieso hat es dann doch so verdammt gut gepasst? Immerhin waren ja nicht alle scharf auf den Menschen aus der 11b, der so perfekt war.

Nun, hat das Horoskop denn was von der 11b gesagt? Nein? Ach, sieh mal an …

Das Horoskop hat von einem Wunsch gesprochen, einem geheimen noch dazu. Ui! Aber mal ganz im Ernst: Wie viele Menschen hegen wohl einen „geheimen Wunsch“? Die einen erhoffen sich vom Partner im Bett ein paar neue Aktionen, so manch einer will im Lotto gewinnen, ohne es seinen Freunden sagen zu müssen und außerdem haben wir fast alle den Traum, mal ein Buch zu schreiben. Ehrlich: Das ist hierzulande einer der meistgeträumten Träume, alleine mit dem Wissen darum kann man eine Menge Menschen mit ihrem tiefsten Inneren überraschen, ohne auch nur zu wissen, welche Sterne sich oberhalb des eigenen Gartengrills befinden.

Dies ist die Kerbe, in die der sogenannte Barnum-Effekt schlägt. Phineas Taylor Barnum selbst war kein Wissenschaftler, sondern ein Zirkusdirektor, der – gute Marketingmasche – in seinem Kuriositätenkabinet angeblich für jeden einzelnen etwas interessantes zeigen konnte. Aber der dient nur nachträglich als Namensgeber. Den bekanntesten und eindrucksvollsten Test zu dem Thema machte eigentlich Bertram Forer, der seinerzeit (1948) seinen Studenten einen Persönlichkeitstest vorlegte. Die Studenten absolvierten den Test und daraufhin gab Rorer „Bewertungen“ zurück, die wiederum die Studenten mit einer Note versehen konnten. Was die Studenten nicht wussten: Unabhängig davon, was sie angekreuzt hatten, erhielten alle von Forer die gleiche „Auswertung“, die laut Wikipedias Übersetzung folgende war:

„Sie brauchen die Zuneigung und Bewunderung anderer, dabei neigen Sie zu Selbstkritik. Zwar hat Ihre Persönlichkeit einige Schwächen, doch können Sie diese im allgemeinen ausgleichen. Sie haben beträchtliche Fähigkeiten, die brachliegen, statt dass Sie sie zu Ihrem Vorteil nutzen. Äußerlich diszipliniert und kontrolliert, fühlen Sie sich innerlich ängstlich und unsicher. Mitunter zweifeln Sie ernstlich an der Richtigkeit Ihres Tuns und Ihrer Entscheidungen. Sie bevorzugen ein gewisses Maß an Abwechslung und Veränderung, und Sie sind unzufrieden, wenn Sie von Verboten und Beschränkungen eingeengt werden. Sie sind stolz auf Ihr unabhängiges Denken und nehmen anderer Leute Aussagen nicht unbewiesen hin. Doch erachten Sie es als unklug, sich anderen zu freimütig zu öffnen. Manchmal verhalten Sie sich extrovertiert, leutselig und aufgeschlossen, manchmal auch introvertiert, skeptisch und zurückhaltend. Ihre Wünsche scheinen mitunter eher unrealistisch.“

Wenn man das als „persönliche Auswertung“ bekommt, klingt das schon eindrucksvoll genau. Wenn man den Text analysiert, merkt man freilich: Er ist viel zu allgemein gehalten. Aber wer analysiert schon so schmeichelhafte Texte über sich selbst? Studenten vielleicht, die so einen Text benoten sollen? Offenbar nicht einmal die: Forers Studenten bewerteten die „persönliche“ Auswertung mit durchschnittlich 4,26 von 5,00 Punkten als zutreffend.

Dieser Effekt, die Neigung von Menschen, vage Aussagen über sich selbst als zutreffende Beschreibung zu akzeptieren, beschreibt auffällig genau, weswegen viele Leute der Meinung sind, ihr Horoskop sei richtig – obwohl bei näherem Hinsehen irgendeine Barnum-Aussage wie „Sie haben anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen, werden aber bald etwas Zeit für sich selbst bekommen.“ enthalten, die absolut unpersönlich ist und dennoch die meisten irgendwie als zutreffend einstufen.

Den Vogel abgeschossen hat bei den Untersuchungen zu diesem Thema aber wohl der bei Wikipedia auch erwähnte Psychologe Michel Gauquelin, der sehr gerne einen Beweis für das Funktionieren der Astrologie gefunden hätte: Er gab einem Astrologen die anonymisierten Geburtsdaten eines Serienmörders und ließ ein Horoskop erstellen. Dieses Horoskop wiederum verschickte er an 150 Leute, denen er via Zeitungsanzeige ein ganz persönliches Horoskop versprochen hatte. Als er die Empfänger anschließend befragte, gaben 94% der Versuchspersonen an, in besagtem Horoskop ihre persönlichen Probleme wiederzuerkennen.

Und wenn Du, geschätzter Leser, stolz auf deine kritische Herangehensweise an solche Themen, dennoch auch skeptisch deinen eigenen Gedanken gegenüber bist, diese Unsicherheit dich manchmal unnötig beeinflusst, Du ihr aber nur wenig Raum zu geben versuchst, wirst Du diesen Artikel teilen.


Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Barnum-Effekt

http://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/01/07/astrologie-ist-unsinn/

https://de.wikipedia.org/wiki/Bertram_R._Forer

https://de.wikipedia.org/wiki/Michel_Gauquelin

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